Sepp Eisenriegler will gemeinsam mit der Liste Pilz eine Anzeige bei der EU-Kommission einbringen. Ein ihm zugänglich gemachtes Dokument sei ein Indiz dafür, dass sich ein Hersteller in den Niederlanden bei der Lebensdauer seiner Geräte an eine “Vorschrift” eines Händlerverbands hält [Quelle, Standart.at]. Bei dem Dokument handele es sich nach Angaben Eisenrieglers um eine Tabelle des niederländischen Branchenverbands Uneto-VNI. Die UNETO-VNI ist die unternehmerische Organisation für die Installationsbranche und den technischen Einzelhandel.
Sepp Eisenriegler legte am 15.9.2017 in einer Pressekonferenz ein Dokument vor, das von ihm als Indiz für ein Obsoleszenz-Kartell gewertet wird. Bei den im Dokument angesprochenen Daten handelt es sich wohl um die “UNETO-VNI-Tabelle der mittelfristigen Gebrauchsdauer-Erwartungen“. Den dort erläuternden Text zur Tabelle füge ich übersetzt hier an:
Das niederländische Verbraucherschutzgesetz sieht vor, dass der Verkäufer auch für fehlerhafte Produkte über die Gewährleistungsfrist hinausgehen kann. Sie müssen dann als Verbraucher zeigen, dass das Gerät zum Zeitpunkt des Kaufs einen Defekt hatte und dass Sie einen gewissen Service erwarten könnten.
So ist es wichtig zu wissen, was die normale Leistung des Gerätes ist, das Sie gekauft haben. Weil das Gesetz nicht konkret ist, hat UNETO-VNI die durchschnittliche Nutzungsdauer einer großen Anzahl von Geräten erforscht.
Die Tabelle Abschreibungsmethoden zeigt die durchschnittliche Nutzungserwartung von 10 Produktgruppen im Normalgebrauch an. Je nach Kaufpreis pro Bauteil wurden unterschiedliche Qualitätsniveaus unterschieden.
In einigen Fällen kann sich die Tabelle unterscheiden. Dies ist der Fall, wenn der Lieferant eine andere Nutzungsdauer angegeben hat oder wenn er sich von seiner eigenen Erfahrung mit einem bestimmten Produkt, einer Art oder einem Modell, anderen Nutzungsdaten unterscheidet.
Um Missverständnisse zu vermeiden: “Produkt” bezieht sich immer auf ein Produkt, das aus einer Komponente besteht, die:
- Neu und unbenutzt ist
- kein Showroom oder Shopping-Modell ist
- ein Gebrauchsprodukt und daher kein Verbrauchsprodukt ist
- eine erwartete durchschnittliche Gebrauchsdauer von zwei Jahren oder mehr hat
Ausgangspunkt für die Kostenverteilung
Als Ausgangspunkt für die Verteilung der Kosten wurde der Kaufpreis abzüglich einer Abschreibung über den Nutzungszeitraum des Produkts berechnet. Nach der gewerblichen Praxis wurde der Restwert der Konsumgüter am Ende der durchschnittlichen Nutzungsdauer aufgehoben.
Lineare Abschreibungsmethode
Wegen der Einfachheit wurde das System der linearen Abschreibung auf den Kaufwert für die durchschnittliche Nutzungsdauer gewählt. Diese Zeile spiegelt sich auch in den Erklärungen des Electro Disputes Committee wider.
Der Kostenbeteiligungsschlüssel ist wie folgt: Verbrauchsbetrag bei Reparatur- / Ersatzkosten (B) = Reparatur- / Ersatzkosten (R) x Aktuelles Alter (L) / Durchschnittliche Lebensdauer (D), also B = R x L / D.
Beispiel
Ein Gerät scheint seit der Lieferung (eine Nichteinhaltung) 3 Jahre nach der Lieferung fehlerhaft zu sein und muss repariert werden. Die Reparaturkosten (R) betragen € 150, -. Die durchschnittliche Lebenserwartung (D) dieses Gerätes beträgt 5 Jahre. Der Verbraucherbeitrag (B) für diese unerwartete Reparatur beträgt € 90, -. Berechnung: € 150, – x 3/5 ist € 90, -. In diesem Fall zahlt der Einzelhändler € 60, – für Reparaturkosten.
Bei den Angaben der Tabelle handelt es sich also um durchschnittliche Nutzungserwartungen, die der Verband aufgrund eigener Untersuchungen angibt. Auffallend sind die durchweg kurzen Nutzungsdauern, von denen der Verband ausgeht. Ob dies, wie von Sepp Eisenriegler behauptet, als Indiz dafür werten lässt, dass sich ein Hersteller in den Niederlanden bei der Lebensdauer seiner Geräte an eine “Vorschrift” eines Händlerverbands hält, bliebe einer gerichtlichen Überprüfung vorbehalten. Besorgniserregend sind die geringen Erwartungen an Nutzungsdauern allemal. Auch in Deutschland hört man nun öfter in Werbungsaussagen die vermeintlich “übliche” Lebensdauer von 3-5 Jahren für Geräte des täglichen Bedarfs. Hier werden falsche Signale gesetzt, die Hersteller als Rechtfertigung für ihre Nutzungsdauerauslegungen in der Produktentwicklung missbrauchen können.